Ich las das Buch ‚Hundert Tage‘ von Lukas Bärfuss, in
welchem es um den Genozid in Ruanda, die schweizerischen Hilfsorganisationen
und um den Protagonist David Hohl, welcher sich in die reiche Ruanderin Agathe
verliebt, geht. Agathe zeigt jedoch kein Interesse an ihm und ich stellte mir
die These, dass Agathe einfach nur kühl und berechnend ist.
Einerseits wirkt sie sehr uninteressiert auf David, und es
gibt scheinbar kein Thema, mit dem man sie beeindrucken kann oder sich ehrlich
und ohne Sarkasmus mit ihr unterhalten könnte. Doch ganz ehrlich, wenn mir
jemand bei einem romantischen Spaziergang einen Vortrag über Bohnengewächse halten
oder die Lagerung von Avocados erklären würde, hätte ich ganz plötzlich auch
kein Interesse mehr an diesem Menschen. Allgemein scheint dieser David nicht
wirklich ein Frauenheld zu sein. Agathe kommt, im Gegensatz zu ihm, sehr
selbstbewusst rüber und weis ganz genau was sie will, nämlich weg von ihrer
Familie, nach Brüssel um zu studieren. Auch wenn sie sich nicht oft blicken
lässt und sie immer behauptet, die verbrachte Zeit in Kigali sei verlorene Zeit
und die Menschen in Kigali interessieren sie nicht, so scheint sie doch wie
verwandelt zu sein als sie im lokalen Lazarett als Krankenschwester arbeitete
und ihre Patienten versorgte. David, in diesem Moment selber einen Patienten, erkannte
dort auch das erste Mal ein Lächeln in ihrem Gesicht. So auf den ersten Blick
scheint sie auch ganz berechnend zu sein. Sie weiss wann ihr Flieger geht,
lässt sich von David nur für das Wochenende einladen um von ihrer Familie weg
zu kommen und arbeitet nur vorübergehend in dem Lazarett in Kigali um wieder
Geld für Brüssel zu haben. Andererseits weis jeder in Kigali das die Rebellen
im Norden von Ruanda einen Frontenkrieg gegen die Armee anzettelten und
trotzdem fährt sie mehrere Stunden mit dem Auto in den Norden. Und es kam wie
es kommen musste. Es wurden Strassensperren errichtet und Agathe kam nicht
rechtzeitig zum Flughafen. So musste sie eine Woche länger bleiben.
Schlussendlich hatte sie in den vier Jahren, in denen das Buch handelt mehrere
Möglichkeiten, gehabt aus Ruanda zu flüchten, trotzdem war sie immer geblieben
ohne einen verständlichen Grund.
Ich bin derselben Meinung die auch der Protagonist David
teilt. Er sucht in Agathe ein anderes Wesen als sie versucht zu zeigen und findet
es nur in einem einzigen, sehr frühen Augenblick im Buch, im Lazarett. Ich bin
der Meinung, dass Agathe sich verstellt. Vielleicht versucht sie etwas zu
berechnen, doch das klappt meistens nicht. Jedoch ist das nur meine
Interpretation, denn schlussendlich gibt es nur das eine Fazit: Agathe scheint
mehrere Gesichter zu haben, weshalb weis man auch am Ende des Buches nicht.